Neues Urheberrecht: Knast für Filesharer
Kopieren: Was ist erlaubt? Was ist verboten?
Seit dem 1. Januar 2008 gilt ein neues Urheberrecht in Deutschland. Mit der Reform des Gesetzes treten neue Regeln für Privatkopien, Tauschbörsen und Kopierabgaben in Kraft, die heftig umstritten sind. Die einen begrüßen die schärferen Bestimmungen, die anderen beklagen eine Kriminalisierung der Schulhöfe. CHIP Online zeigt Ihnen, auf was Sie künftig achten müssen.
Privatkopien aus legalen Quellen erlaubt
Für Endanwender ist vor allem die neue Regelung in Sachen Privatkopie wichtig. Zwar dürfen Sie immer noch Kopien von Ihrer legal erworbenen CD anfertigen und diese etwa an nahe Verwandte oder den besten Freund weitergeben. Die genaue Zahl der Kopien ist jedoch nicht geregelt. Außerdem darf keine Kopie angefertigt werden, wenn die Kopiervorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurde. Dies Regelung betrifft jetzt explizit auch Downloads: Musik oder Kinofilme aus Tauschbörsen sind ab sofort eindeutig tabu. Auch das Ziehen von illegalen Filmen via Filehoster wie Rapidshare ist illegal.
Emule: Tauschbörsen sind mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Illegal: Kinohits aus dem Netz
Doch wie sieht es mit Downloads außerhalb der P2P-Netze aus? Laut der Gesellschaft zu Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) sind aktuelle Kinofilme grundsätzlich nicht legal im Internet erhältlich. Auch Filme, die neu auf DVD erscheinen, gibt es nirgendwo legal umsonst. Dies sind Anzeichen, die eindeutig und somit für den User offensichtlich auf eine rechtswidrige Quelle hinweisen – lädt er dort etwas herunter, macht er sich strafbar. "Kann er aber berechtigterweise davon ausgehen, dass die Quelle rechtmäßig ist, weil er zum Beispiel eine angemessene Gebühr bezahlt, muss er sich keine Sorgen machen, da die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist", sagt Elisabeth Keller-Stoltenhoff, Rechtsanwältin der Münchener IT-Recht-Kanzlei. Für Keller-Stoltenhoff ist besonders die "Kriminalisierung der Schulhofkreise" bedenklich. Denn auch ein einziger Download ist strafbar und kann bei nicht-gewerblichem Handeln mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden.
Weiterhin nicht erlaubt ist die Anfertigung einer Privatkopie, wenn dabei ein wirksamer Kopierschutz umgangen wird. Das bedeutet, dass Sie nach wie vor analoge Kopien ihrer Musik anlegen dürfen. Denn dabei wird der Kopierschutz nicht umgangen.
Webradio-Tools: Sind der Musikindustrie ein Dorn im Auge.
An der Realität vorbei?
Der Musikindustrie geht das neue Gesetzt nicht weit genug. "Es geht an der digitalen Realität vorbei", sagt Stefan Michalk vom Bundesverband Musikindustrie. Er plädiert dafür, dass eine Original-CD tatsächlich nur vom Besitzer und nicht von einem Dritten privat kopiert werden darf. "Auf ein Original kommen heute drei Privatkopien. Und von Privatkopien können Musiker nicht leben", meint Mischalk. Außerdem kritisiert er, dass etwa intelligente Aufnahmesoftware, die Webradio gezielt mitschneidet, im Gesetzt nicht berücksichtigt wurden – dieses Verfahren ist weiterhin erlaubt. Laut Musikindustrie bringt das Gesetzt weder für Künstler, noch für die Industrie oder Verbraucher Rechtssicherheit. Der Bundesverband prüft deshalb, eine Verfassungsklage gegen das neue Urheberrecht einzureichen.
Auch die GVU wünscht sich klarerer Aussagen: "Überlegungen, die Frage der Privatkopie von Werken genauso zu regeln, wie dies im Falle von Software geschehen ist, halten wir daher für einen Schritt in die richtige Richtung", sagt Christine Ehlers von der GVU. Software und damit auch Computerspiele werden rechtlich anders behandelt als Musik und Film. Der Besitzer darf hier keine Privatkopien machen, sondern nur ein Sicherheitskopie anlegen, wenn keine mitgeliefert wurde. Wird das Original weitergegeben, muss auch die Sicherheitskopie den Besitzer wechseln oder vernichtet werden.
DVD-Brenner: Wer einen kauft, zahlt fast 11 Euro Kopierabgaben.
Abgaben auf Kopiergeräte
Weitere Änderungen im Gesetz betreffen die Kopierabgaben: Auf DVD-Brenner, Kopierer, Scanner oder CD-Rohlinge zahlen Käufer eine Abgabe. Damit werden Musiker, Filmemacher, Autoren und andere Kreative für die rechtmäßige Privatkopie bezahlt, die der Anwender mit diesen Geräten herstellen kann. Bisher wurde die Höhe der Abgabe durch den Gesetzgeber festgelegt. Das ist nun nicht mehr so: Ab diesem Jahr sollen sich die Verwertungsgesellschaften, die die Gebühr einziehen und an die Künstler verteilen, und die Hersteller von Geräten und Speichermedien selbst darauf einigen, wie viel der Kunde beim Kauf drauf zahlt. Aber eine Einigung ist hier noch nicht in Sicht, denn die Verhandlungen haben erst im November begonnen und dauern noch an. Bis ein Ergebnis feststeht, gelten die alten Preise. Wichtig dabei: Die zunächst vorgeschlagene Obergrenze von 5 Prozent des Verkaufspreises wurde gekippt. Aber die Verhandlungspartner müssen die Höhe der Abgabe an der tatsächlichen Nutzung als Kopiergerät festmachen und durch Studien nachweisen. Dass etwa Digitalkameras, die durchaus als Kopierer genutzt werden können, mit einer Abgabe belastet werden, ist also unwahrscheinlich.
Christian Lanzerath, Redaktion CHIP Online.
Fazit
Die Kritik, egal von welcher Seite, hört sich fast immer gleich an: Das neue Urheberrechtsgesetz ist nicht klar genug formuliert. Auf den Punkt bringt es Christian Thorun vom Bundesverbandes der Verbraucherzentralen: "Der Verbraucher weiß immer noch nicht, was genau er mit seinen CDs anstellen darf." Was ist ein wirksamer Kopierschutz? Wie viele Privatkopien darf ich machen? Fragen, die immer noch nicht eindeutig beantwortet sind. Nur eines ist sicher: Von Musik und Filmen aus Internet-Tauschbörsen sollte man die Finger lassen – seit dem 1. Januar erst recht. (cla)