Jetzt mache ich mir Sorgen ...

  • Nutzerdaten sollen zur Gefahrenabwehr freigeben werden
    Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags hat sich im Streit um das geplante neue Telemediengesetz (TMG) am heutigen Mittwoch mit den Stimmen der großen Koalition für Möglichkeiten zur Abfrage von Bestandsdaten für die vorbeugende Straftatenbekämpfung durch Ermittler ausgesprochen. In dem heise online vorliegenden Änderungsantrag zum Regierungsentwurf für ein Elektronisches Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz (ElGVG) mit dem TMG als Kernbestandteil heißt es kurz und knapp, dass zu der bereits weit gefassten Klausel rund um Auskunftsersuchen zu Nutzerdaten auch die zusätzliche Zweckbestimmung "zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder" treten soll. Damit folge der Ausschuss einem Votum des Bundesrates, dem die Bundesregierung im Oktober zustimmte. Anzeige


    Es ist zu erwarten, dass das Plenum des Bundestags bei der für den morgigen Donnerstag geplanten Verabschiedung des ElGVG die Empfehlung der Wirtschaftspolitiker übernehmen wird. Demnach müssten die Anbieter von Tele- und Mediendiensten künftig Informationen wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen auch für Präventionszwecke herausrücken.

    Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf zunächst vorgeschlagen, dass die Provider "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zur Herausgabe von Bestands- und Nutzerdaten verpflichtet werden sollen. Dies ging dem Bundesrat nicht weit genug, da auf Internetplattformen auch "Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen, Blankoformulare für Dienstausweise der Polizei oder Zugangsberechtigungen für einen bestimmten Flughafen angeboten werden" könnten und dagegen im Vorfeld eingeschritten werden müsse.

    Die große Koalition lässt damit Mahnungen von Datenschützern und der Providervereinigung eco unberücksichtigt, die diese auch bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss Mitte Dezember vorbrachten. Die Experten hatte etwa gewundert, dass "ein privater Auskunftsanspruch ohne Verfahrensregelung in einem Atemzug mit dem Verfassungsschutz genannt wird". Mit der Klausel zur Gefahrenabwehr würde zudem eine "reine Wünsch-mir-was-Liste" von Sicherheitsbehörden übernommen, zumal die zunächst ins Spiel gebrachte Auskunftsregelung bereits "Scheunentore" aufstoße. Zuvor hatten die Grünen in einem Antrag kritisiert, dass mit den jetzt übernommenen Formulierungen Nutzerdaten "praktisch unbegrenzt" für die vorbeugende Straftatenbekämpfung genutzt werden könnten. Das Begehren der Oppositionspartei fand im Wirtschaftsausschuss jedoch nur die zusätzliche Zustimmung der Linken.

    Abblitzen ließ die Koalition die Opposition auch mit zahlreichen weiteren Bedenken. Neben den Grünen moniert die FDP in einem eigenen Entschließungsantrag unter anderem, dass der Entwurf in den Bereichen der Begrifflichkeiten, der Haftungs- und Verantwortlichkeitsbestimmungen für Host-Provider und des Daten- und Kundenschutzes den Anforderungen eines modernen und sicheren elektronischen Geschäftsverkehrs nicht Rechnung trage. Eine umfassende Rechtssicherheit werde somit weder für die Branche noch für die Verbraucher gewährleistet. Die Liberalen hatten daher etwa gemäß den Verdeutlichungswünschen der Branche gefordert, Anbieter von Telemediendiensten nicht mit unerfüllbaren Überwachungspflichten zu konfrontieren und Suchmaschinen bei Haftungsfreistellungen ausdrücklich mit zu erfassen. Insbesondere so genannte Meinungsforen sollten von vorausschauenden Prüfungsauflagen grundsätzlich ausgeschlossen werden. Trotz der umfassenden Kritik stimmte die FDP dem Entwurf im Wirtschaftsausschuss mit den Änderungen der großen Koalition jedoch zu.

    Bei einem klaren Nein wollen neben der Linkspartei dagegen die Grünen bleiben. Mit ihrem Entschließungsantrag für die zweite und dritte Lesung am Donnerstag wollen sie unter anderem erreichen, dass der Bundestag die nun vermutlich ausbleibende Anpassung der Unterscheidung zwischen Telemedien und Rundfunk nicht den Formulierungen der sich momentan im europäischen Abstimmungsprozess befindenden Novelle der Fernsehrichtlinie sowie die unterlassenen Klarstellungen bei den Haftungsregeln bedauert. Nicht weit genug gehen den Grünen zudem die Anti-Spamvorschriften im TMG-Entwurf. Zudem soll das Parlament insgesamt auf "erhebliche Mängel in Bezug auf den Datenschutz" hinweisen. Die Bundesregierung möchten die Grünen aufgefordert wissen, möglichst zeitnah Änderungsvorschläge zu unterbreiten und Abhilfen gegen die Unzulänglichkeiten des Gesetzes zu schaffen.


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  • Es wurde also umgesetzt. Anbei ein Text von einem Medienanwalt und seiner Homepage:

    Der Deutsche Bundestag hat am gestrigen Donnerstag das Telemediengesetz (TMG) verabschiedet. Das Telemediengesetz soll das bisherige Teledienstegesetz (TDG), das Teledienste-Datenschutzgesetz(TDDSG) und den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) ablösen.

    Die Kanzlei-Infos haben in der Vergangenheit hierüber schon mehrfach ausführlich berichtet, vgl. die Kanzlei-Infos v. 15.06.2006 und v. 11.05.2005.

    Die nun verabschiedete Gesetzesfassung basiert auf den ursprünglichen Gesetzesentwürfen der Bundesregierung BR-Drs. 16/3078 (PDF) und BR-Drs. 16/3135 (PDF). In letzter Minute gab es vom Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages eine wesentliche Veränderung (BR-Drs. 16/4078: PDF).

    Diese wesentliche Veränderung basiert auf einer Stellungnahme des Bundesrates aus September 2006 (BR-Drs. 556/06: PDF). Dadurch können nunmehr auch "Polizeibehörden der Länder zur Gefahrenabwehr" vom Diensteanbieter datenschutzrechtliche Auskünfte verlangen.

    Die wichtigsten Neuerungen noch einmal im Überblick:

    a) Haftung/Mitstörerhaftung: Keine Veränderungen

    b) Spam-Mails werden Ordnungswidrigkeit

    c) Auskunftsmöglichkeiten von personenbezogenen Daten haben nunmehr nicht nur "Strafverfolgungsbehörden und Gerichte" wie nach dem TDDSG, sondern vielmehr

    - alle (!) Behörden, die zum Zwecke der Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr tätig werden,
    - die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder,
    - der Bundesnachrichtendienst,
    - der Militärische Abschirmdienst
    - und alle Privaten in den Fällen, wo dies zur "Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich" ist

    d) Das TMG ersetzt vollständig die alten Gesetze TDG, TDDSG und MDStV

    e) Die Trennung zwischen Teledienst und Mediendienst wird aufgegeben. Zukünftig gibt es nur noch Telemedien


    Anmerkung von RA Dr. Bahr:
    Das TMG ist alles andere als ein Meilensteil, im Gegenteil, es kann vielmehr nur als echtes Trauerspiel bezeichnet werden. Das neue Gesetz enthält viele fragwürdige und praxisferne Regelungen. Anstatt dass der Gesetzgeber die wirklichen Probleme angeht (so z.B. die Linkhaftung, Haftung von Suchmaschinen, der sonstige Bereich der Mitstörerhaftung), stochert er vielmehr im Nebel herum und führt untaugliche Regelungen (z.B. Spam als Ordnungswidrigkeit) ein. Ein besonderer Dorn im Auge sind die zahlreichen neuen Ausnahmen im Datenschutzrecht. Nicht zuletzt die einzigartige Privilegierung der Urheberrechts-Inhaber.

    Die Legislative offenbart damit erneut anschaulich, wie schon zuletzt im Fernabsatzrecht, ihre Inkompetenz, die tatsächlich wichtigen Probleme des Online-Rechts zu lösen.


    Die URL dieser Info lautet: http://www.Dr-Bahr.com/news_det_20070119000250.html

  • Und wenn man im Licht dieser Information nun hoert, dass die Bush Regierung nun klein beigegeben hat, und versichert, dass sie kuenftig mit dem Gericht wegen genehmigungen von Lausch un Abhoerangriffen zusammenarbeiten will, und nicht mehr ohne richterliche Genehmigung solche Aktionen machen will, scheint es, dass die BDR jetzt das weitermachen will und die Buerger total glaesern werden sollen!

    Es lebe die Freiheit und Demokratie in der BDR!

  • und schon der erste "kleine" Mißbrauch des neuen Gesetzes :klopf:

    Zitat


    Versatel speichert Verbindungsdaten für Rechtsanwaltskanzleien

    Eigentlich dürften Provider für Flatrates spätestens seit dem Darmstädter Urteil zum Datenschutz keine Verbindungsdaten mehr speichern. Die Praxis ist jedoch immer noch uneinheitlich. Und nicht bei allen Unternehmen, die behaupten, sie würden keine Verbindungsdaten speichern, entspricht diese Theorie auch der Praxis. Mit Postings von abgemahnten Versatel-Flatrate-Nutzern konfrontiert, räumte Versatel-Pressesprecher Stefan Sayder ein, dass es Fälle gebe, "in denen Versatel im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen IP-Adressen seiner Kunden speichert – zum Beispiel im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft, einzelner Polizeibehörden oder auch Rechtsanwaltskanzleien". Die "Sicherung von Verkehrsdaten", so Sayder, erfolge unter anderem dann, "wenn eine Strafverfolgungsbehörde oder eine Anwaltskanzlei Versatel über einen Verdacht der missbräuchlichen bzw. rechtswidrigen Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen informiert".
    Bemerkenswert ist an dieser Auskunft, mit welcher Selbstverständlichkeit Versatel "Rechtsanwaltskanzleien" zu Vertretern der Exekutive adelt und deren Wünsche jenseits aller Datenschutzvorschriften erfüllt. Als Rechtsgrundlage hierfür nennt Versatel den Paragraphen 100 Absatz 3 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes – in dem der Gesetzgeber dem Diensteanbieter allerdings mittels der Formulierung "darf" die Wahl lässt, ob er zur Ermittlung einer "rechtswidrigen Inanspruchnahme" Daten speichert. Ein "darf", das in den Datenschutzvorschriften, welche die Speicherung von Verbindungsdaten verbieten, nicht steht.

    http://www.heise.de