"Trauertag um das Fernmeldegeheimnis"

  • Ein Jahr nach dem Beschluss der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im Europäischen Parlament am 14.12.2005 fordert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Medien auf, die Menschen über die "geplante Totalprotokollierung der Telekommunikation" und ihre Folgen zu informieren. "Obwohl dieses Vorhaben die Grundlagen unserer freien Gesellschaft in Frage stellt, fallen die Massenmedien als Informationsmittel der Bürger bisher weitgehend aus", so der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Die meisten Menschen wissen nicht, dass ein Großteil ihres Privatlebens ab Herbst 2007 nachvollziehbar werden soll." Aus diesem Grund ruft der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung besorgte Bürgerinnen und Bürger auf, von ihrer Zeitung, Lieblingszeitschrift oder -fernsehsendung eine Berichterstattung über den "1. Todestag des Telekommunikationsgeheimnisses" am 14. Dezember einzufordern. Einen Musterbrief stellt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf seiner Internetseite bereit (http://www.vorratsdatenspeicherung.de).
    Am 14.12. vergangenen Jahres hatte eine "große Koalition" aus Konservativen und Sozialdemokraten im Europaparlament einer Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Der "Kompromiss" war zuvor in geheimen Verhandlungen der Parteiführer mit Vertretern der Regierungen ausgehandelt worden. Danach soll ab Herbst 2007 protokolliert werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Das Kommunikationsverhalten der gesamten Bevölkerung soll permanent und ohne Verdacht "auf Vorrat" aufgezeichnet werden, weil es den Strafverfolgungsbehörden einmal nützlich sein könnte. Als Folge der Pläne befürchtet der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ein gesellschaftliches Klima der Überwachung und Störungen der Kommunikation in sensiblen Angelegenheiten.
    Auf den "1. Todestag des Telekommunikationsgeheimnisses" wollen die Bürgerrechtler des Arbeitskreises auch mit einer Verhüllung von Internetseiten aufmerksam machen. Unter dem Motto "1949-2005 † Das Fernmeldegeheimnis ist unverletzlich - Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!" sollen Betreiber von Webseiten am 14.12. darauf aufmerksam machen, dass die unbeobachtete Kommunikation bislang stets der Regelfall war, jetzt aber die Protokollierung sämtlicher Kommunikationsvorgänge zum Normalfall werden soll. Eine Anleitung zur Verhüllung der eigenen Webseite stellt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung im Internet bereit.
    Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat vor wenigen Wochen einen Gesetzentwurf zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vorgelegt. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält die Pläne für verfassungswidrig und fordert ihre Aufgabe, zumal der Europäische Gerichtshof nächstes Jahr über eine von Irland eingereichte Nichtigkeitsklage gegen die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entscheiden wird. Für den Fall, dass die Koalition von ihren Plänen keinen Abstand nimmt, organisiert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eine "Sammel-Verfassungsbeschwerde", die bereits von über 7.000 Menschen unterstützt wird.
    Hintergrund:
    Dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zufolge soll ab Mitte 2007 zur verbesserten Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonyme Emailkonten und Anonymisierungsdienste sollen verboten werden.
    Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Kommunikation, auf persönliche Interessen und die Lebenssituation der Kommunizierenden sind möglich. Die Furcht vor einem Bekanntwerden ihrer Kontakte könnte Informanten, Ratsuchende und Hilfsbedürftige in Zukunft davon abhalten, sich an Journalisten, Anwälte oder Beratungsstellen zu wenden. Der Informantenschutz, das Anwalts- und das Arztgeheimnis würden unterlaufen.
    Gegenwärtig dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten und Email-Daten nicht. Auch sonstige Verbindungsdaten werden auf Wunsch monatlich gelöscht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen ("Flat-Rates") kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden.
    Musterbrief an Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendungen

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    seit ... Jahren bin ich Abonnent/regelmäßiger Käufer/regelmäßiger Zuschauer Ihrer Zeitung/Zeitschrift/Fernsehsendung.
    Leider warte ich bislang vergeblich auf einen Hintergrundbericht über die sogenannte "Vorratsdatenspeicherung". Danach soll ab Mitte 2007 zur verbesserten Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonyme Emailkonten und Anonymisierungsdienste sollen verboten werden.


    Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Kommunikation, auf persönliche Interessen und die Lebenssituation der Kommunizierenden sind möglich. Die Furcht vor einem Bekanntwerden ihrer Kontakte könnte Informanten, Ratsuchende und Hilfsbedürftige in Zukunft davon abhalten, sich an Journalisten, Anwälte oder Beratungsstellen zu wenden. Der Informantenschutz, das Anwalts- und das Arztgeheimnis würden unterlaufen.
    Viele Menschen wissen nicht, dass ein Großteil ihres Privatlebens ab Herbst 2007 nachvollziehbar werden soll. Da die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am 14.12.2005 beschlossen wurde, würde sich der 14.12.2006 anbieten, um über das Vorhaben zu informieren.
    Ich bitte Sie daher um einen Bericht zur Vorratsdatenspeicherung und zu ihren Folgen.
    Mit freundlichen Grüßen,





    Webdemo am 14.12.2006

    Wir rufen alle Webmaster auf, ihre Internetpräsenz am 14.12. aus Trauer um das Fernmeldegeheimnis zu verhüllen. Binden Sie bitte dazu den folgenden HTML-Code in Ihre Seiten ein (an beliebiger Position innerhalb des BODY-Tags):


    <script type="text/javascript"><!--
    function ShowHide() {obj = document.getElementsByTagName("div");obj = document.getElementsByName("todestag");if (obj[0].style.visibility == 'visible'){obj[0].style.visibility = 'hidden';}else{obj[0].style.visibility = 'visible';}}
    // --></script><div class="mceVisualAid" style="overflow: auto; position: absolute; left: 0px; top: 0px; background-color: rgb(0, 0, 0); opacity: 0.9; width: 100%; visibility: visible;" id="todestag" name="todestag"><p align="center"><font color="black" face="Verdana,sans-serif" size="2">X Schließen</font><a href="http://www.vorratsdatenspeicherung.de/"><img src="http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/todestag.png" align="top" border="0"></a><a href="javascript:ShowHide()"><font color="white" face="Verdana,sans-serif" size="2">X Schließen</font></a></p></div>

  • Dazu passt auch:

    Offizieller Start der elektronischen Gesundheitskarte
    Modell mit Foto und Chip soll 2008 bundesweit eingeführt werden

    Der Startschuss zur flächendeckenden Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland ist am Montag in Flensburg gefallen. Insgesamt 10.000 Versicherte testen in der nördlichsten Region die neue Karte. Sie ist mit einem Foto und einem Chip zur Speicherung umfangreicher Patientendaten ausgestattet und wird bis 2008 bundesweit die jetzigen Versichertenkarten ablösen. Neben Flensburg wird als zweite Modellregion noch in diesem Jahr Löbau-Zittau (Sachsen) mit dem Testlauf beginnen. Weitere Gebiete in anderen Bundesländern sollen 2007 folgen.

    Nach Ansicht der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Marion Caspers-Merk (SPD), spart die Neuerung Zeit und Kosten. Dass ein Rezept heute bis zu sieben Mal in die Hand genommen werden müsse, nannte sie "steinzeitlich". Darüber hinaus bringe die neue Technik mehr Komfort und Sicherheit für die Patienten. So würden beispielsweise Wechselwirkungen von Medikamenten sofort sichtbar. Zudem habe der Arzt einen schnelleren Informationszugang, sagte Caspers-Merk. Die Gesamtkosten für die Einführung der neuen Karte bezifferte die Staatssekretärin auf 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag könne sich in fünf Jahren amortisiert haben.

    Die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin, Gitta Trauernicht (SPD) bezeichnete die neue Karte als grundlegende technische Strukturreform im Gesundheitswesen, die zu einer besseren Versorgung der Patienten führe. Die Karte könne zwar jetzt schon alles, dürfe es aber noch nicht, fügte sie hinzu. Zunächst seien nur die bisher bekannten Patientendaten gespeichert sowie die neue lebenslang einheitliche Versichertennummer. In einem weiteren Schritt soll das elektronische Rezept folgen. Später werden auch Notfalldaten und Arztbriefe eingegeben. Grundsätzlich gelte das Vier-Augen-Prinzip. Nur wenn der Patient den Arzt legitimiere, könne der Mediziner auf die Daten zugreifen. Die Kassen hätten keinen Zugriff, wurde versichert.

    Der nunmehr beginnende bundesweite Test basiert auf den Erfahrungen im Flensburger Vorprojekt. Bereits seit vier Jahren gab es dort 1200 elektronische Karten, auf denen schon Notfalldaten gespeichert waren. 40 Arztpraxen und 18 Apotheken waren an dem Projekt beteiligt. Der jetzige Test mit 25 Ärzten und 15 Apotheken bedeutet für Flensburg einen Schritt zurück, hieß es. "Für die Ärzte ist diese Karte eine kleine Hürde", sagte die Allgemeinärztin Ingeborg Kreuz als teilnehmende Medizinerin. Bei Ärzten gebe es noch Ängste und Sorgen, weil die Praxen dann ständig mit dem Internet verbunden seien. Man habe Bedenken wegen der Datensicherheit.


    Quelle: Von Björn Greif ZDNet mit Material von dpa 11. Dezember 2006, 18:21 Uhr




  • Was passt denn dazu? Bitte zunächst einmal richtig informieren und posten!

    Thomas

  • Was passt denn dazu? Bitte zunächst einmal richtig informieren und posten!

    Thomas



    Hallo Thomas,

    ich finde schon, das dies passt, denn alles läuft im Endeffekt auf den "gläsernen
    Bürger" (Blöder Begriff - habe keinen anderen) hinaus und erstreckt sich wie man
    sieht bald auf alle Lebensbereiche.
    Natürlich haben beide Systeme oder Vorhaben definitiv Vorteile . Aber nur die
    Möglichkeiten des Mißbrauchs solcher Daten durch Dritte sehe ich als große Gefahr
    und wir schaffen es ja heute schon nicht eine EC-Karte sicher vor Mißbrauch zu schützen oder einen sehe hohen Sicherheitsstandard im Internet zu sichern.
    Aber bitte... wen es nicht stört.
    Ich habe nicht das geringste zu verbergen, würde mich aber trotzdem dagegen wehren, wenn in meiner Privatsphäre herumheschnüfffelt würde oder meine
    Telefonate mit Kunden im Ausland mal kurz aufgezeichnet werden, um sie dann
    für was auch immer zu verwenden.
    Natürlich ist dies ein endlos Thema und beinhaltet noch nicht die Millionen von
    Vidiokameras auf öffentlichen Plätzen und den Autobahnen, aber wo wollen wir in einer Demokratie die Grenzen setzten ?

    Gruß

    Dieter

  • Danke Dieter.
    Warum? Anscheinend kann jeder Daten sammeln wie er will
    und sie missbrauchen in DE und in anderen Ländern.

    Ohne Privatsphäre brauche ich auch keine ärztliche Versorgung mehr!

    Bin mal gespannt, wann hier die ersten Bewerber abgelehnt werden,
    weil best. Einträge in ihrer Datenbank nicht zum Unternehmen passen...



  • Hallo Dieter,

    ich habe das geschrieben, weil in Deutschland immer sehr schnell nach Datenschutz geschrien wird, wenn man eigentlich aus anderen Gründen etwas verhindern will. Gerade bei der Gesundheitskarte war ja der "Auslöser" der Lipobay-Skandal. Es geht also um Menschenleben. Deshalb verstehe ich absolut nicht, dass in Deutschland der Datenschutz anscheinend höher angesiedelt ist als das Leben. Komisch nur, dass kaum einer auf irgendwelche Paybackkarten o.ä. verzichten will. Im Gegensatz zur Gesundheitskarte werden dort rein wirtschaftliche Gründe verfolgt - und kaum einer hat etwas dagegen.

    Jeder, der einmal nach einem Krankenhausaufenthalt auf den Bericht gewartet hat, wird sicher dankbar sein, dass es zukünftig eine schnelle Kommunikation zwischen den beteiligten Behandlern geben wird.

    Außerdem passt es doch wohl nun wirklich nicht mehr in das EDV-Zeitalter, dass der Arzt eine Verordnung am PC erstellt, anschließend ausdruckt, den Patienten als Boten benutzt, dieser die Verordnung dem Apotheker in die Hand drückt, der wiederum das ausgedruckte Rezept scannen lässt, damit es für die Abrechnung mit der Kasse zur Verfügung steht. Da spielen wir doch ein paar 100.000 mal täglich Neandertal, oder?!

    Dem gegenüber steht die Angst Einzelner - vor allem Ärzte - dass einmal etwas genauer ausgewertet wird, was in der Praxis so passiert. In Bezug auf die Verordnungen und Abrechnungen passiert das ja auch heute schon. Dafür braucht man keine Karte. Die mit dem Patienten im Zusammenhang stehenden Daten hingegen sieht ja niemand außer ihm und dem Patienten.

    Darum schrieb ich, dass es besser wäre, wenn man sich vor dem Posten etwas besser informieren würde.

    Thomas