Innenausschuss des Bundestags beschließt heimliche Online-Durchsuchungen

  • Innenausschuss des Bundestags beschließt heimliche Online-Durchsuchungen




    Der Innenausschuss des Bundestags hat den umkämpften Entwurf für die Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) am heutigen Montag mit den Stimmen der großen Koalition abgesegnet. Gegen das Votum der Opposition befürworteten Union und SPD dabei die Änderungen, auf die sich die Verhandlungsführer aus den eigenen Reihen vergangene Woche geeinigt hatten. Die in das Vorhaben integrierte Lizenz für das BKA zu heimlichen Online-Durchsuchungen wird so zunächst bis 2020 für einen langen Probelauf festgeschrieben. Zudem soll der Datenschutzbeauftragte der Wiesbadener Polizeibehörde mit über das Aussortieren von Inhalten wachen, die den an sich absolut geschützten Kernbereich privater Lebensführung berühren. Dieser Kompromiss wird selbst innerhalb von Ermittlerkreisen als nicht verfassungsgemäß angesehen.


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    Mit dem Beschluss der Innenpolitiker ist der Weg frei für die Verabschiedung des Projekts im Plenum des Parlaments am Mittwoch. Dem BKA sollen damit unter anderem auch Befugnisse für bundesweite Rasterfahndungen, die präventive Telekommunikationsüberwachung einschließlich Abhören der Internet-Telefonie sowie zum großen Späh- und Lauschangriff auf Wohnräume zur Bekämpfung des Terrorismus gegeben werden. Die Grünen warnten im Einklang mit FDP und Linken vor "einer einzigartigen Machtkonzentration" bei der Fahndungsbehörde. Es entstehe ein Moloch, der sich der Kontrolle durch Parlament und Generalbundesanwaltschaft entziehe. Die Sicherheitsarchitektur werde mit dem Gesetz in "schlimmer Weise" verändert. Die Linken beklagten: "Das BKA ähnelt künftig mehr einem Geheimdienst als einer Polizeibehörde."
    Alle Oppositionsfraktionen bezeichneten es als völlig unzureichend, Journalisten, Rechtsanwälten und Ärzten nur ein eingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht zuzugestehen. Die Koalitionsfraktionen hielten dagegen, dass das Gesetz "eine bestehende Lücke im Sicherheitssystem schließt". Die Sicherheitsbehörden müssten die Möglichkeit erhalten, ihre Methoden dem technischen Fortschritt anzupassen. Darüber hinaus würden die neuen Instrumente wie der Einsatz des Bundestrojaners und die bundesweite Rasterfahndung nach fünf Jahren evaluiert. Gegen den Vorstoß hagelte es Ende vergangener Woche noch einmal Proteste von vielen Seiten. In Wiesbaden demonstrierten Bürgerrechtler und Datenschützer aus dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am Sonntag vor dem BKA-Sitz mit Sprechchören wie "Wir wollen keinen Überwachungsstaat" gegen das Gesetz. Die Aktivisten riefen die Bevölkerung auf, sich anhand eines Musteranschreibens an ihre Abgeordneten von CDU und SPD zu wenden und diesen ihre Bedenken deutlich zu machen.
    Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:


    (Stefan Krempl) / (pmz@ct.heise.de/c't)

  • Lieber Darkdiver,

    ich will ja nicht meckern...aber wenn ich die diversen Threads zum Oberbegriff "Staat und Gesellschaft in puncto Sicherheit" von Dir lese, habe ich das Gefühl, daß Du ein besonderes "kritisches Interesse" an diesen Themen entwickelst, da sie immer irgendwie gleich gelagert sind.

    Ich habe grundsätzlich KEIN PROBLEM mit "Online-Durchsuchungen, Einladungen ausländischer Bürger, Nackt-Scannern am Flughafen" und so weiter und so fort.

    Ist da mal irgend etwas vorgefallen, weshalb immer DIESE THEMEN angesprochen werden?

    Gruß

    Steinbock

  • Nein, mir pers. noch nicht. Ich liebe nur meine Freiheit und bin in einem Deutschland groß geworden wo es auch eine Innerdeutsche Terrorgruppe gab und dennoch wurden meine Menschenrechte nicht so beschnitten wie jetzt innerhalb weniger Jahre.

    Zudem sehe ich viele Parallelen zu diversen Geschichten welche sich schon einmal ereignet haben und wo auch viele gesagt haben, sie haben nichts gesehen ! Und der Polizeistaat ist nicht mehr weit weg.....

    Viele Grüße
    Eric

  • POLIZEISTAAT.....genau da liegt nämlich der Hase im Pfeffer.

    Ich habe bestimmt nichts zu verbergen, aber ich möchte keinesfalls, dass in meiner Privatpost usw. rumgeschnüffelt wird.
    Vielleicht bin ich ja äusserst suspekt - ich habe mich schliesslich 1973 ins Ausland "abgesetzt"....und das MUSS doch einen Grund haben.
    "Wehret den Anfängen" kann man schon nicht mehr sagen - dafür ist es leider schon viel zu spät. :confused:

    Lieber Gruss, Dieter

  • Ist ja auch der perfekte Zeitpunkt, sowas zu beschließen. Das Volk ist mit ‚Wirtschaftskrise‘ beschäftigt, da wird es nicht weiter auffallen, wenn noch ein paar Freiheiten beschnitten werden.

    Es ist schon traurig, dass das nicht auf viel größeren Widerstand in der Bevölkerung trifft, leider sind Meinungen wie ‚wer nichts zu verbergen hat…‘ weit verbreitet und keiner merkt, dass genau die Freiheiten die diese Gesetzte zu schützen gedenken durch sie abgeschafft werden.

    Ich finde es gut, dass wenigstens hier im Forum dieses Thema immer mal wieder aufgegriffen wird, auch wenn die Reaktionen pro/contra mehr oder weniger vorhersehbar sind.

    Gruß

    Frank

  • Hallo Zusammen,

    auch ohne das neu erlassene Gesetz war und ist die Überwachung dank immer mod. Technik perfektioniert worden.

    Zunächst gilt m.E. der Grundgedanke, dass gesellschaftliche Leben in Deutschland sicherer zu gestalten. Somit ist die Legislative angesichts immer neuer Bedrohungszenarien auch angehalten, entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen. Und diesen Schutz gibt es nicht umsonst.

  • …nur ist die Legislative bislang den Beweis schuldig geblieben, dass die beschlossenen Maßnahmen auch wirklich die Bedrohung minimieren. Wie überall ist hier Verhältnismäßigkeit angesagt, es kann nicht angehen, dass persönliche Freiheiten in großem Masse beschnitten werden nur um vielleicht ein wenig Sicherheit anderswo zu schaffen.

    Es gibt genug (ehemalige) Staaten, in denen man sehr sicher lebt und keine Angst vor Terroranschlägen oder sonstigen Gewalttaten haben muss. Ich denke allerdings nicht, dass irgendjemand in einem dieser Staaten leben möchte, denn eins haben sie alle gemeinsam: Es sind mehr oder weniger ausgeprägte Diktaturen und Überwachungsstaaten.

    Marco hat sicher Recht, ‚diesen Schutz gibt es nicht umsonst‘, ich bin aber nicht bereit, den Preis dafür zu bezahlen.

    Gruß

    Frank

  • Bürgerrechtlerin Twister kündigt Verfassungsbeschwerde gegen das BKA-Gesetz an

    12. November 2008
    Gegen das heute vom Bundestag verabschiedete Gesetz für das Bundeskriminalamt (BKA) kündigte die Onlinejournalistin, Bürgerrechtlerin und Piratin Twister (Bettina Winsemann) heute Verfassungsbeschwerde an.
    Neben der Kritik an der durch das Gesetz ermöglichten Onlinedurchsuchung schliesst sich Twister auch den Worten ihres Anwaltes, Dr. Fredrik Roggan, an: "Bislang vollzog sich die präventive Terrorabwehr durch das BKA unter der Herrschaft der Bundesanwaltschaft. Von dieser Kontrolle durch die Justiz wurde das BKA nun emanzipiert, ohne dass eine Kompensation dieses Kontrollverlusts vorgesehen wurde. Das ist schon deswegen abzulehnen, weil das BKA durch seine neuen Befugnisse eher einem Geheimdienst als einer normalen Polizeibehörde ähnelt."
    Dr. Roggan vertrat Twister bereits bei der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen das nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetz, welche im Zusammenhang mit der Onlinedurchsuchung zu dem Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme führte.
    "Wir sind zuversicherlich, dass auch hier das Bundesverfassungsgericht den immer stärker werdenden Überwachungs- und Kontrollbegierden der Regierung sowie der Behörden einen Riegel vorschieben wird." so Twister. "Das BKA-Gesetz stellt einen schweren Einschnitt in die Freiheit innerhalb Deutschlands dar, für die es sich (nicht nur juristisch) zu kämpfen lohnt."

    Um die Kosten für die Verfassungsbeschwerde aufzufangen, die sich auf 8.000 Euro belaufen werden, bittet Twister um Spenden auf das vom Forum Informatiker und Informatikerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (http://www.fiff.de/) zur Verfügung gestellte Spendenkonto:

    Empfänger: FIfF e.V.
    Stichwort: Verfassungsbeschwerde BKA-Gesetz
    Konto-Nr.: 500 927 929
    BLZ 250 905 00 (Sparda Bank Hannover)
    Die onlinebanking-freundliche Schreibweise ohne Leerzeichen:
    Konto-Nr.: 500927929
    BLZ 25090500
    Für internationale Überweisungen:
    IBAN: DE31 2509 0500 0500 9279 29
    BIC: GENODEF 1S09

    Hinweis:
    Bei Spenden auf diesem Konto werden etwaige Überschüsse dem Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e.V. zur Verfügung gestellt. Wenn Sie eine steuerabzugsfähige Spendenquittung benötigen geben Sie bitte Ihren Namen und Ihre Anschrift auf der Überweisung an!
    "Verfassungsbeschwerden sind, wie bekannt, zunächst einmal kostenfrei." erläutert Twister abschliessend. "Es gilt jedoch zu vermeiden, dass durch Formfehler die Verfassungsbeschwerde schon im Vorfeld einer eigentlichen Entscheidung abgelehnt wird. Mit Dr. Roggan steht mir hier ein kompetenter Anwalt zur Seite, der mich bereits bei der letzten
    Verfassungsbeschwerde unterstützte. Aus diesem Grunde ergeben sich die vorgenannten Kosten. Ich hoffe, dass sich auch bei dieser Verfassungsbeschwerde Menschen finden, die zu den Kosten beitragen.
    Die Piratenpartei Deutschland (http://www.piratenpartei.de/), deren Mitglied Twister ist, das Bündnis "Freiheit ist Sicherheit" (http://www.freiheit-ist-sicherheit.de/), das FIFF (http://www.fiff.de/) sowie der AK Vorratsdatenspeicherung (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/) befürworten die Verfassungsbeschwerde und hoffen, gemeinsam mit Twister, auf rege Unterstützung durch Spenden, Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr.
    Ansprechpartner:
    Twister (Bettina Winsemann)
    Email: twister@freunde-der-freiheit.de
    Tel: (0041) 71 720 1930

  • Hallo Frank,

    ich will Dir ja nicht Deine Illusionen nehmen. Der Stand der Kontrolle, der in Deutschland derzeit angestrebt wird, dürfte in den USA schon längst Realität sein. Somit musst Du den Preis auch nicht mehr zahlen, denn er wurde bereits spätestens nach 2001 gezahlt :zwinker:.

  • Hallo Marco,

    Ja, das ist mir durchaus bewusst, ich bin ja erst 2005 in die USA umgezogen und wusste, auf was ich mich da einlasse. Mein Kommentar kam da eher vom Standpunkt meiner Nationalität als von meinem aktuellen Wohnort.

    Grundsätzlich fühle ich mich aber hier weniger überwacht als in Deutschland, das mag wohl vor allem an der Bevölkerungsdichte liegen. In Deutschland ist immer irgendjemand um einen rum, es gibt ein gut ausgebautes Handynetz, diese tollen Mautstellen auf der Autobahn, Kameras und Blitzer an zig Straßen.

    Hier fahre ich 10km nach Westen und kann dann weiter bis an die Pazifikküste fahren, ohne eine einzige Ampelkreuzung zu passieren (na gut, auf den letzen paar Kilometern in Kalifornien vielleicht), über 100te von Kilometern bin ich alleine auf der Straße und wenn ich irgendwo in einen Feldweg abbiege könnte ich wochenlang unbeobachtet wild campen. Ich denke oft, wenn ich hier mit dem Motorrad von der Straße rutsche ist es vorbei, da findet mich in 100 Jahren keiner….

    Schon klar, dass es bei den angesprochenen Themen Onlinedurchsuchung um andere Dinge geht als persönlich unbeobachtet zu sein, immerhin habe ich hier aber noch die Möglichkeit, mich allem zu entziehen und irgendwo im Feld zu hocken, die Möglichkeit sehe ich in Deutschland nicht, daher ist es mir wichtig, die anderen, noch gebliebenen Freiheiten zu verteidigen.

    Gruß

    Frank

  • (... Grundsätzlich fühle ich mich aber hier weniger überwacht als in Deutschland, ....)

    Hallo Frank,

    schön das Du dich in den Staaten wohl fühlst, aber Big Brother is watching you :zwinker:.

    Wie kam es eigentlich, dass Du 2005 über den Teich gezogen bis???


  • Grundsätzlich fühle ich mich aber hier weniger überwacht als in Deutschland, das mag wohl vor allem an der Bevölkerungsdichte liegen. In Deutschland ist immer irgendjemand um einen rum, es gibt ein gut ausgebautes Handynetz, diese tollen Mautstellen auf der Autobahn, Kameras und Blitzer an zig Straßen.

    Also, ich fühle mich nicht überwacht. Ich habe nichts zu verbergen. Mir ist das wurscht.

    Mich erinnert das an eine Diskussion, die wir Anfang der 90er in unserer damaligen Firma hatten.
    Der Aussendienst sollte mit Notebooks ausgerüstet werden.
    Der Betriebsrat hatte das abgelehnt. Schließlich könnten die Mitarbeiter damit kontrolliert werden. Es könne ja sein, "dass ein Vertreter nachmittags um 15:00 Uhr von zuhause seine Daten an den Zentralrechner überträgt, aber auf seiner Spesenabrechnung schreibt,er sei erst um 19:30 daheim gewesen."
    Also wurden die Aufträge weiter auf dem Block geschrieben.

    Gruß

    Chris

  • Hallo Frank,

    ohne vom Thema zu weit abzuschweifen. Wie sehen denn die Preise für Anbauteile - Bügel pp.aus. Haben die auch eine Zulassung für Deutschland?? Antwort ggf. per PN :zwinker:.

  • Votum der Sachsen-SPD: BKA-Gesetz fehlt Mehrheit im Bundesrat

    Die umstrittene Novelle des BKA-Gesetzes mit der Befugnis zu Online-Durchsuchungen durch Strafverfolgungsbehörden droht an der vorletzten legislativen Hürde zu scheitern: Auf dem Landesparteitag der sächsischen SPD votierten die Delegierten am heutigen Sonntag gegen eine Verabschiedung des Gesetzes. Nach den Gepflogenheiten von Koalitionen auf Landesebene muss sich die schwarz-rote Regierung Sachsens damit bei der Abstimmung im Bundesrat, die entweder Ende November oder spätestens Mitte Dezember ansteht, enthalten. Eine Mehrheit für das Gesetz wäre nicht mehr gegeben.

    Wir sind an dieses Votum gebunden", erklärte der sächsische SPD-Chef und Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Thomas Jurk. Da zuvor alle Länder, in denen die FDP, die Linken oder die Grünen mit an der Macht sind, bereits erklärt hatten, sich bei der Abstimmung in der Ländervertretung enthalten zu wollen, fehlt den Protagonisten der Online-Durchsuchung jetzt rechnerisch eine Stimme, um das Gesetz der Unterschrift des Bundespräsidenten zuzuführen. Der Generalsekretär des CDU-Landesverbandes Sachsen, Michael Kretschmer, kündigte an, dass seine Partei sich an die Absprachen halten werde.
    Sollten dem Gesetz, das auch in der Bevölkerung kaum Zustimmung findet, tatsächlich die Mehrheiten im Bundesrat fehlen, wird zunächst ein Vermittlungsausschuss eingesetzt. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte, er sei dann bereit, mit dem Berliner Koalitionspartner noch einmal über einzelne Punkte zu sprechen. Dies könne beispielsweise die sogenannte Eilfall-Regelung sein, nach der die Leitung des BKA Online-Durchsuchungen auch ohne richterlichen Beschluss anordnen kann.
    Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:


    (pmz@ct.heise.de/c't)